
Irina Lucke
Geschäftsführerin, Omexom Renewables Offshore / Vorstandsvorsitzende des BWO
Pionierleistung auf hoher See: Wie alpha ventus die deutsche Offshore-Wind-Branche begründete
Mit alpha ventus nimmt 2010 der erste deutsche Offshore-Windpark den Betrieb auf – unter herausfordernden Bedingungen und mit viel Improvisation. Für Irina Lucke war das Forschungsprojekt ein Highlight ihrer beruflichen Laufbahn. Sie erinnert sich an eine Zeit, in der es für viele Fragen noch keine fertigen Antworten gab – aber viel Mut, Teamgeist und Gestaltungswille.
Der erste Hochseewindpark alpha ventus ging 2010 ans Netz – wie hat es sich angefühlt, an einem solchen Pionierprojekt mitzuwirken?
„Es war einzigartig und sicher einer der Höhepunkte meiner beruflichen Laufbahn. Wenn man Teil eines Projektes ist, das tatsächlich zum allerersten Mal durchgeführt wird, dann spürt man bei allen Schritten eine unglaubliche Energie und Dynamik. Wir haben als Team, das aus völlig unterschiedlichen Unternehmenskulturen kam, zahlreiche Hindernisse überwunden und etwas wirklich Innovatives geschaffen. Dabei haben wir viel gelacht, viel ausprobiert, häufig gezweifelt und sehr viel gearbeitet. Sehr besonders war es, dass auch Genehmigungsbehörden, die Politik, die Hersteller und die Dienstleister im Rahmen ihrer Möglichkeiten an einem Strang gezogen haben. Es war mir wirklich eine große Ehre, Teil dieser Gemeinschaft gewesen zu sein.“

Was waren die größten Herausforderungen während der Bauphase?
„Die größten Herausforderungen? Wo soll ich anfangen? Es gab keine geeignete Logistik. Wir haben Schiffe aus dem Hafenbau oder der Öl- und Gas-Industrie eingesetzt. Viel zu klein oder viel zu groß. Konzepte und Vorgehensweisen, insbesondere im Bereich der Arbeitssicherheit, der Installation oder der Kommunikationstechnik wurden völlig neu gedacht und mussten theoretisch immer wieder durchgespielt werden. Vertragliche Aspekte, wie etwa der Umgang mit Schlechtwetter oder der Versicherungsschutz, waren ein ständiger Quell ausufernder Grundsatzdiskussionen. Was heute als Stand der Technik empfunden wird, waren damals sehr dicke Bretter, die gebohrt werden mussten – und das ist nur 17 Jahre her.“

Welche Bedeutung hatte alpha ventus für die weitere Entwicklung der Offshore-Wind-Branche in Deutschland?
„Alpha ventus war der Startschuss für die deutsche Offshore-Windindustrie. Das Projekt hat eindrucksvoll bewiesen, dass Offshore-Windenergie in Deutschland erfolgreich sein kann. In vielerlei Hinsicht gab alpha ventus den Referenzrahmen, der bis heute deutlich spürbar ist. Er ist bis heute ein Leuchtturm und wird es auf seine Weise bleiben.“
Was 2010 besonders wichtig war:
- 60 MW alpha ventus geht ans Netz
- Bundesregierung legt Energiekonzept vor – mit Ausbauziel für die Offshore-Windenergie: 25 GW bis 2030
- In Europa werden 308 neue Offshore-Windenergieanlagen im Wert von rund 2,6 Milliarden Euro vollständig ans Netz angeschlossen

