„20 Jahre EEG, 10 Jahre Offshore-Windenergie – was nun?“

1. Mai 2020

Wie müssen die Rahmenbedingungen für Offshore-Windparks angepasst werden, damit die Ausbauziele kosteneffizient umgesetzt werden können? Dieser Frage gingen Johann Saathoff (SPD), Julia Verlinden (Bündnis 90/ Die GRÜNEN), Sven Utermöhlen (RWE Renewables) und Ulf Gerder (Wacker Chemie) beim 1. Online-Frühstückstalk des Bundesverbands der Windparkbetreiber Offshore e.V. (BWO) gemeinsam mit 120 TeilnehmerInnen auf den Grund.

„Trotz – oder gerade wegen der Corona-Krise – müssen wir an den Ausbauzielen festhalten. Die Energiewende kann zum konjunkturellen Aufschwung beitragen. Dazu gehört aber auch, dass wir alle Maßnahmen ergreifen, um die Kosten der Energiewende so gering wie möglich zu halten.“ erläuterte Catrin Jung, Vorsitzende des BWO-Vorstands, während der Begrüßung. „Auch unser Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat ja vor einigen Tagen vor den EU-Energieministern gesagt, dass Offshore-Wind seiner Meinung nach eine wichtige Rolle beim wirtschaftlichen Wiederaufbau spielen sollte.“

Verlinden und Saathoff machten deutlich, dass der Gesetzgebungsprozess zur Umsetzung der politischen Ziele dringend starten müsse. Mit Blick auf die gestern vom Bundeskabinett beschlossene Reform des Energierechts sagte Verlinden: „Die Regierungskoalition gibt in der Energiepolitik kein gutes Bild ab. Statt einfache Maßnahmen mit großer Wirkung zu beschließen, macht sie nur juristischen Kleinkram. Obwohl schon vor Monaten versprochen, schafft die Regierung mit den vorgelegten Änderungen im Energierecht weder den Solardeckel ab, noch erhöht sie die Ziele bei der Offshore-Windenergie.“

Johann Saathoff hatte sichtlich Mühe, die Energiepolitik der Bundesregierung zu verteidigen: „Die 20 GW Offshore-Wind sind längst im Kanzleramt zwischen SPD und Union vereinbart, wir erinnern auch die Union häufig an die notwendige Umsetzung. Aber wir lassen uns nicht darauf ein, im Gegenzug die 1000 Meter Abstandsregel bei Wind Onshore zu akzeptieren. Wir brauchen letztendlich Beides um die Klimaziele zu erfüllen.“

Fachlich flankiert wurde die Diskussion durch einen Impulsvortrag von Prof. Karsten Neuhoff (DIW) zu Differenzverträgen. Mit Differenzverträgen können regulatorische Risiken vermieden werden – das reduziert die Finanzierungskosten und steigert den Wettbewerb. Negative Abweichungen des Strommarktpreises vom Gebotspreis würden durch die EEG-Umlage aufgefüllt, bei positiven Abweichungen würden die Überschüsse auf das EEG-Konto zurückgezahlt. „Das ist ein fairer Deal für Investoren in erneuerbare Projekte und für Stromkunden, der die Stromgestehungskosten langfristig um etwa 30 Prozent senkt.“, so Neuhoff.

„Die Einführung von Differenzverträgen wäre hier ganz einfach eine win/win-Lösung“, sagte auch der stellvertretende Vorsitzende des BWO-Vorstandes, Sven Utermöhlen. „Die höhere Investitionssicherheit würde die Realisierungswahrscheinlichkeit von bezuschlagten Projekten steigern. Gleichzeitig sinken die Stromerzeugungskosten. Das entlastet die Letztverbraucher und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Strompreise.“

Saathoff sicherte der Branche die Unterstützung der SPD zu: „Die SPD hat sich für Differenzverträge ausgesprochen, da für uns Akteursvielfalt und auch die Mitnahme kleinerer Unternehmen elementar ist. Wichtig ist, dass Rückzahlungen in das EEG-Konto möglich sind.“

Auch Verlinden bestätigte, dass sie bei dem System der Differenzverträge viele Vorteile und auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie besonderen Handlungsbedarf sehe: „Wir sind jetzt in der besonderen Situation, dass wir aktuell viel über Konjunkturprograme diskutieren. Hier kann ein Doppelnutzen entstehen, indem wir auf Zukunftsprojekte setzen. Das schlimmste wäre, wenn wir in der fossilen Welt für Lock-ins sorgen. Wenn jetzt Konjunktur- und Investitionsprogramm geschrieben werden, müssen sie auf die Klimaziele einzahlen.“

Darüber hinaus wurden auch Themen wie die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Offshore-Windbranche, der Beitrag von Windenergie auf See zu einer CO2-neutralen Wasserstoffwirtschaft sowie der Strombedarf der energieintensiven Industrie adressiert. 

Zu Letzterem äußerte sich Ulf Gerder kritisch: „Die Zahlen, über die wir aktuell reden, sind eigentlich viel zu gering – Wir spielen mit Lego, und bräuchten eigentlich Lego Duplo. Um auch die energieintensive Industrie zu dekarbonisieren, bräuchten wir eigentlich einen Zubau erneuerbarer Energie in Höhe von 10-30 GW pro Jahr.“

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