Ausbauziele für die Windenergie auf See realisieren – planen allein reicht nicht!

Gemeinsame Pressemitteilung von BWO, BWE, Stiftung Offshore Windenergie, VDMA, wab und WindEnergy Network zu den Ausbauzahlen 2022
16. Januar 2023
• 2022 Kaskasi (342 MW) in Betrieb – Arcadis Ost 1 (247 MW) im Bau
• Ausbauziele für die Windenergie auf See steigen welt- und europaweit
• Weniger als acht Jahre Zeit für etwa 22 Gigawatt zu installierende Leistung auf See in
Deutschland
• Dringender Aufbau von Kapazitäten für die deutsche und europäische Energiewende
(Zulieferindustrie, Häfen, Schiffbau, Fachkräfte) erforderlich
• Anpassungsbedarf im WindSeeG
 
Heute wurden die Ausbauzahlen für die Offshore-Windenergie 2022 durch die deutsche Offshore-Windbranche
vorgestellt. Demnach gingen im vergangenen Jahr 38 Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) mit einer
Leistung von 342 MW im Projekt Kaskasi erstmalig ans Netz. Insgesamt speisen damit in der deutschen
Nord- und Ostsee 1.539 OWEA mit einer Leistung von insgesamt 8.100 MW Strom ein. Darüber hinaus
wurden alle 27 Fundamente für Arcadis Ost 1 bis Jahresende installiert, davon wurden bereits neun
mit Offshore-Windenergieanlagen versehen. Für das laufende Jahr wird mit der Fertigstellung und
Inbetriebnahme von Arcadis Ost 1 gerechnet. In den kommenden Jahren rechnet die Deutsche
WindGuard für die Branche mit höheren Zubau-Raten. Die Projekte zur Realisierung der
Ausschreibungen aus dem Jahr 2023 erfolgen ab 2028. Dabei sind insgesamt 8.800 MW
ausgeschrieben.
 
„Für das Erreichen der Ausbauziele bis 2030 müssen in Deutschland in weniger als acht Jahren 22
Gigawatt (GW) auf See installiert werden. In Europa sollen in diesem Zeitraum zusammen rund 150
GW Windenergieleistung zugebaut werden. Die Branche erwartet daher einen erheblichen Anstieg ab
2025 und vor allem gegen Ende des Ausbauzieles 2030, was eine industrielle Machbarkeit voraussetzt.
Für den Aufbau stabiler Lieferketten und einen zukunftsorientierten Ausbau von Fertigungskapazitäten
braucht es einen stetigen und gleichmäßigen Zubau-Pfad. Die für das Erreichen der Ausbauziele
notwendigen Produktionskapazitäten und Fachkräfte fehlen bisher in substanziellem Maße. Ein Plan
allein reicht hier nicht. Wir müssen gemeinsam mit der Politik umgehend eine realistische Grundlage
für die Umsetzung der Ausbauziele im Bereich Windenergie auf See für Strom und grünen Wasserstoff
schaffen“, mahnen die Branchenorganisationen BWE, BWO, Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE, VDMA
Power Systems, WAB e.V. und WindEnergy Network e.V. an.
 
Um die Ziele zu sichern, sind darüber hinaus Anpassungen am WindSeeG erforderlich. Die im
WindSeeG 2022 eingeführte Gebotskomponente erhöht die Risiken für Investoren und belastet die
Stromkunden mit zusätzlich steigenden Preisen. Denn klar ist, dass die Windparkbetreiber auf See die
Gebotskomponente zurückverdienen müssen. Der Ukraine-Krieg hat schmerzhaft gezeigt, wie wichtig
Akteursvielfalt ist. Zu deren Gewährleistung besteht im aktuellen Ausschreibungsdesign allerdings kein
Sicherungsmechanismus. Hier sollte die maximal zu bezuschlagende Ausbaumenge pro Bieter und Jahr
begrenzt werden. „Aufgrund des großen Volumens der Ausschreibungen müssen Regierung und
Industrie von Anfang an Hand in Hand arbeiten, um Nachbesserungen zu vermeiden. Das betrifft auch
den Erhalt der Akteursvielfalt der Projektierer“, so die Interessenvertretungen.
 
Die Ausschreibungen, die Auftragseingänge für die Zulieferindustrie ermöglichen, stehen noch aus.
Aufträge sind erforderlich, um das „Wiederhochfahren“ der Offshore-Windindustrie für den deutschen
Markt und die notwendigen Investitionen in Produktion und Lieferkette, Infrastruktur und Logistik zu
ermöglichen. „Mit einem Wachstum der Offshore-Wind-Zulieferkette eröffnen sich neben einer
kostengünstigen Energieversorgung und einer größeren Versorgungssicherheit Europas immense
Wertschöpfungspotenziale. Zusätzlich bieten sich ebenfalls langfristige und zukunftsorientierte
Beschäftigungsperspektiven. Diese gilt es neben dem erforderlichen Klimaschutz zu verwirklichen“,
unterstreichen die Branchenorganisationen den aktuell erforderlichen politischen Handlungsbedarf.
Im Jahr 2022 wurde deutlich weniger als ein Gigawatt gebaut. Viele deutsche Zulieferunternehmen
sind mit Auftragsabarbeitungen für den internationalen Offshore-Windmarkt beschäftigt. Ein weiterer
Engpass sind die erforderlichen Materialien für den Komponentenbau für OffshoreWindenergieanlagen. Neben den fehlenden industriellen Kapazitäten für den Ausbau der Windenergie
auf See sind Hafeninfrastrukturen erforderlich sowie eine deutliche Erhöhung des Angebots deutscher
Werften für den Bau von Gründungsstrukturen, Umspann- und Konverter-Plattformen, Spezialschiffen
für Service & Wartung und für die Errichtung.
 
Das Erreichen der Ausbauziele für die Offshore-Windenergie in Deutschland von mindestens 30 GW
bis 2030, zwischen 40 und 50 GW bis 2035 und mindestens 70 GW bis 2045 erfordert entschlossenes
politisches Handeln. Mit der Realisierungsvereinbarung für mehr Windenergie auf See im November
2022 wurden Meilensteine für den notwendigen Netzausbau definiert, die die Branche positiv
bewertet.
 
Die Erzeugung von grünem Wasserstoff auf See steckt noch in den Kinderschuhen und benötigt den
erforderlichen regulatorischen Rahmen, der die Entwicklung von konkreten Geschäftsmodellen
ermöglicht. Nur so kann der festgelegte Hochlauf der Wasserstoffproduktion aus der Windenergie auf
See durch Ausschreibungen von mindestens 500 MW pro Jahr ab 2023 gelingen.
 
„Die Offshore-Windindustrie benötigt eine große und von der Bundesregierung unterstützte
Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive, einfache Investitions- und Finanzierungsbedingungen und
die Förderung neuer Produktionskapazitäten, die für die erforderliche Liquidität in der herstellenden
Industrie sorgen, sowie international faire Wettbewerbsbedingungen. Besonders auf die Maßnahmen
des US-amerikanischen Inflation Reduction Acts muss Europa eine starke, gemeinsame Antwort
finden“, erklären die Branchenorganisationen. Mit Blick auf die Fachkräftebedarfe wünschen sich die
Verbände mehr Arbeitnehmerfreizügigkeit über EU-Grenzen hinaus und eine effektive
Einwanderungspolitik.
 
Die Pressemitteilung auch auf Englisch: 230116_PM_Offshore-Ausbauzahlen 2023_final_EN
 
Factsheet mit den Zahlen von Windguard: Status des Offshore-Windenergieausbaus_Jahr 2022
 
Factsheet with numbers of Windguard: Status of Offshore Wind Energy Development_Year 2022