
Udo Schneider
Geschäftsführer - Green Giraffe Advisory
2017 – Null Cent, große Wirkung: Wie ein Auktionsjahr die Offshore-Wind-Finanzierung änderte
Als in der Offshore-Wind-Auktion 2017 zum ersten Mal Null-Cent-Gebote abgegeben wurden, war das ein Paukenschlag für die Branche. Was bedeutete das für Investoren, Banken und Lieferketten? Udo Schneider hat diese Phase intensiv begleitet.
Herr Schneider, 2017 hat die Branche mit den ersten Null-Cent-Geboten für Aufsehen gesorgt. Was war damals Ihre erste Reaktion – und wie hat dieser Moment die Wahrnehmung von Offshore-Wind verändert?
„Wir haben einen anderen Bieter in der Auktion unterstützt und daher war mein erster Gedanke: Was für eine Wette von EnBW und Orsted auf die künftigen Strompreise und Technologien! Mein zweiter Gedanke: Mist, da denkt jemand, dass meine Stromrechnung künftig steigen wird. Im Grunde war es eine gute Botschaft für den Sektor: Offshore Wind ist am Markt angekommen! Schön zu sehen, dass He Dreiht and Borkum Riffgrund 3 jetzt Strom einspeisen können. Oder zumindest beinahe. Wette gewonnen!“

Aus heutiger Sicht: Welche Auswirkungen hat der Preisdruck auf die Branche – auf Entwickler, Lieferketten, Investoren?
„Neben der technologieabhängigen Produktionskapazität sind Bau- und Kapitalkosten die zentralen Werttreiber in Offshore-Projekten. Bis 2022 machten sinkende Kapitalkosten Offshore-Wind wettbewerbsfähig – ebenso wie die Innovationsleistung der Zulieferindustrie, die größere Anlagen oft auf eigenes Risiko in Kleinserie lieferte. Mit steigender Nachfrage konnten Hersteller zuletzt bessere Preise und Margen erzielen – ein überfälliger Schritt für eine zukunftsfähige Branche. Doch nun wächst der Wettbewerbsdruck erneut – vor allem aus China.“

Wie hat sich das Finanzierungsmodell für Offshore-Wind durch die Null-Cent-Gebote verändert?
„Die Offshore-Wind-Branche hat verschiedene Finanzierungsphasen durchlaufen: Früher ging es darum, die Technologie „bankable at scale“ zu machen – heute darum, zukünftige Marktpreise kalkulierbar zu machen. Banken verlangen für günstige Kredite die Sicherheit, dass Strom auch zum Beispiel am 27. September 2035 verlässlich und rentabel verkauft werden kann. PPAs spielen dabei eine wichtige Rolle, um Risiken zu mindern. Ob es aber für die Ausbauziele genügend langfristige PPAs von bonitätsstarken Kunden zu attraktiven Konditionen geben wird, ist zunehmend fraglich.“

Was ist für Sie die wichtigste Lehre aus dieser Phase – und was braucht es, damit Offshore-Wind auch langfristig wirtschaftlich bleibt?
„Kapitalkosten sind neben der Technologie ein zentraler Werttreiber – sie spiegeln Projektrisiken wider, die zunehmend schwer kalkulierbar sind. Ohne risikogerechte Renditen sind Investitionen kaum noch möglich. Gescheiterte Ausschreibungen, etwa in Dänemark, zeigen die Folgen. Vor diesem Hintergrund ist die vom BWO unterstützte Initiative „A New Offshore Wind Deal for Europe“ mit der Forderung nach CfDs nur folgerichtig. Die Branche kann Technologierisiken managen – aber 30 Jahre Marktrisiko sind selbst für große Akteure eine wachsende Herausforderung.“

Was 2017 außerdem wichtig war:
- Die Offshore-Windenergie in Europa verzeichnete 2017 einen Rekordzuwachs von 3.148 MW an installierter Nettoleistung: 560 neue Offshore-Windenergieanlagen in 17 Windparks.
- 1.483 MW in Deutschland vollständig in Betrieb genommen: 350 MW Wikinger, 332 MW Nordsee One, 111 MW Nordergründe, 402 MW Veja Mate, 288 MW Sandbank gehen ans Netz
- Erste Ausschreibung von Offshore-Windparks nach EEG-Regeln: Ørsted und EnBW sichern sich 1550 MW
- Das Windenergie auf See-Gesetz (WindSeeG) tritt in Kraft
- Ein Konsortium um Senvion strebt eine 10+ MW-Offshore-Windenergieanlage an
- Genehmigtes Projekt Kaikas von Ausschreibungen ausgeschlossen: Entwickler wpd reicht Verfassungsbeschwerde ein
- In Rostock-Warnemünde wird die Offshore-Konverterplattform DolWin Gamma ausgeschifft – bis heute die letzte Konverterplattform aus Deutschland
